Peter Fibich

Von Kletterpilzen und Rutschelefanten

Öffentliche Spielplätze in der DDR

erstmals veröffentlicht in: Die Gartenkunst, Heft 1/2016, S. 119-126.

Kinder und Jugendliche spielen mitnichten nur in vorgegebenen Freiräumen. Auch in der DDR wurde an zahlreichen Orten gespielt, die nicht eigens dazu bestimmt waren - im Wald, am See und in der freien Landschaft, in den oft lange ungestaltet gebliebenen „Mondlandschaften“ der Plattenbaugebiete oder später, nach deren Anlage, auf ihren Wäscheplätzen und zwischen den Pflanzungen; in den unsanierten Altstädten wie auch in den „Nischen“ des privaten Gartens. Der Spielplatz war eine Möglichkeit von vielen, jene Stunden zu verbringen, welche neben Kindergarten, Schule und organisierter Freizeit blieben.
Es überlagern sich hier das Forschungsinteresse des Autors mit persönlichen Erinnerungen an eine durchaus glückliche Kindheit. Spielplätze waren für uns relevant, schon wegen ihrer kommunikativen Seite. Hier konnte man relativ sicher sein, Gleichaltrige zu treffen. Aber sie waren nur eine Möglichkeit von vielen.
Angesichts der zunehmenden Entwicklung des städtischen Verkehrs und der Reduzierung der ungeplanten Spielmöglichkeiten am Wege gewannen öffentliche Spielplätze als soziale Bausteine der Stadt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend an Bedeutung. Sie waren im Sinne der Charta von Athen ein Ausdruck der Funktionstrennung im modernen Städtebau, insbesondere aber eine Folge der Entwicklung hin zur „autogerechten Stadt“. Indem nämlich der Motorisierung auf breiten, schwer überwindbaren Verkehrsachsen zunehmend Raum gegeben wurde, musste man den Kindern separierte, vom Verkehr abgeschottete Rückzugsräume zur Verfügung stellen. In dieser Hinsicht war die DDR Teil einer internationalen Entwicklung.
Weil es zu gefährlich geworden war, konnten die Kinder also nicht mehr einfach zum Spielen aus dem Haus gehen. Die Straße war als Spiel- und Lernort untauglich geworden. In diesem Zusammenhang wurden die Größe und Ausstattung, aber auch die Lage und Verteilung von Spielplätzen zu wichtigen Aspekten der Stadtplanung. Die Erreichbarkeit und die Entfernung der Spielplätze zur Wohnung wurden zu entscheidenden Parametern.
In „Technischen Güte- und Lieferbedingungen“ (TGL) waren Normen und Richtlinien für die Spielplatzplanung festgelegt. Das 1974 im Ost-Berliner Verlag für Bauwesen erstmals erschienene Buch der Landschaftsarchitekten Johann Greiner und Helmut Gelbrich „Grünflächen der Stadt. Grundlagen für die Planung. Grundsätze, Kennwerte, Probleme, Beispiele“ schrieb statistische Parameter als stadtplanerisches Instrumentarium fest. Die Autoren benannten als Richtwert für Spielflächen in den neuen Wohnkomplexen 1,2 Quadratmeter pro Einwohner.
Diese Richtwerte blieben in der weiteren Zeit der Existenz der DDR Grundlage stadtplanerischer Entscheidungen, wenngleich sie nicht immer eingehalten wurden. Wenn eine Stadt wie Leipzig heute über mehr als 300 Spielplätze verfügt, so finden diese jedoch zu einem großen Teil in den Jahren bis 1989/90 ihren Ursprung.

Gestaltung und typische Elemente

Spielplätze sollen hier aber vor allem wegen ihrer gestalterischen Aspekte interessieren, denn sie verraten als geplante Freiräume viel über die Form- und Funktionsauffassungen ihrer Entstehungszeit. Sie spiegeln dabei meist weniger die Gewohnheiten der Kinder und Jugendlichen als vielmehr den Blick der Erwachsenen, welche planerisch vorgaben, wie und womit diese zu spielen hatten - welche Ausstattungen und Flächen zu einem Spielplatz gehören sollten.
Im Grundriss folgten die Spielbereiche den allgemeinen Prinzipien der städtebaulichen und landschaftsarchitektonischen Gestaltung der Zeit. Die Elemente waren locker gruppiert, der rechte Winkel herrschte vor. Symmetrie wurde stets vermieden und dort, wo sie vorhanden war, bewusst gebrochen. Stets gehörten Bäume und Sträucher auf oder ins Umfeld eines Spielplatzes. Aus der heutigen Perspektive fällt zudem auf, dass es sich in der Regel um recht beziehungslose Ansammlungen von Spielgeräten handelte. Hier eine Schaukel, dort eine Wippe, dort ein Klettergerüst; stets der obligatorische Sandkasten und Bänke. Die spätere Erkenntnis, durch die Kombination von Spielangeboten aufeinanderfolgende Spielabläufe zu begünstigen, hatte sich noch nicht durchgesetzt.
Ebenso wird aus heutigen planerischen Erfahrungen offenbar, dass Sicherheitsaspekte damals offenbar weniger streng behandelt wurden als in der Gegenwart. Man hat den Kindern weit mehr zugetraut als heute. Fallschutzbeläge sind kaum nachweisbar, meist gab man sich mit Rasen oder etwas Sand unter den Geräten zufrieden. Rotierende Geräte, etwa die seinerzeit üblichen Karussells mit langen Auslegern, verlangten gegenseitige Rücksichtnahme und Vorsicht. Sie wären nach heutigen Bestimmungen nicht mehr einsetzbar.
Ein alltäglicher Spielplatz bestand bis auf wenige Ausnahmen in der Regel aus Fläche, Umzäunung und darauf mit Abstand platzierten Geräten. Die Zäune und Geländer waren eine Folge des Schutzbedürfnisses angesichts der Gefahr des motorisierten Verkehrs; sie entfielen bei freier Lage im Park oder im Wohngebiet, wenn genügend Abstand zur nächsten Straße vorhanden war. Wie die Spielgeräte bestanden die Abgrenzungen überwiegend aus Stahl. Ansprüche der Langlebigkeit und geringer Kosten, durchaus aber auch formale Aspekte eines modernen Erscheinungsbildes mochten dabei eine Rolle gespielt haben. Das Stahlrohrgeländer wirkte transparent und wurde nebenbei zum Spielen im Sinne einer Reckstange oder zum Sitzen benutzt.
Stahlrohr in relativ geringen Querschnitten von 30 bis 40 Millimetern dominierte auch die Geräte. In aller Regel waren sie mit kräftigen Grundfarben gestrichen, gern auch in Kombinationen. Die Geräte waren meist Eigenkonstruktionen aus einer ansässigen Stahlbau-Werkstatt oder einem Industriebetrieb. Spezielle Hersteller und auch Designer von Spielplatzgeräten in der DDR sind nicht bekannt, was umso mehr verwundert, da sich stets wiederkehrende Typen erkennen lassen. Es hatten sich einige wenige bewährte Elemente durchgesetzt. So waren landauf, landab Schaukeln, Wippen, Rutschen und Karussells auf den Spielplätzen zu finden, zudem Klettergerüste in verschiedenen Formen. Letztere boten mit Kletterbrücken, Kletterpilzen oder rechtwinkligen Kombinationen eine ebenfalls überschaubare Bandbreite.
Zu den Kernelementen eines jeden Spielplatzes gehörte die Sandfläche, in der die Kleinsten buddeln und spielen konnten. Dieses grundlegende Element war nicht neu; bereits in den 1920er Jahren wurden Sandspielflächen in Wohnungsnähe angelegt. Vom traditionellen Sandkasten kam man im öffentlichen Raum jedoch zunehmend ab und legte in den Boden eingelassene Sandflächen an, die von Plattenbelägen eingefasst waren. Die Sandflächen waren wie die Geräte aber auch Treffpunkte der verschiedenen Altersgruppen und nicht zuletzt der Eltern. Nicht selten bildeten sie die einzigen Spielflächen unmittelbar am Haus.
Häufig waren einfache Bolzplätze mit Tennenbelag und Toren. Auch Planschbecken, die bereits in den 1920er Jahren zum Repertoire der Volksparks gehörten, rückten nun (in Einzelfällen) an die Wohnungen heran. Im Wohngebiet an der Karl-Marx-Allee in Berlin ist noch heute ein solches, überaus großzügiges Becken zu besichtigen.
Unter den Spielgeräten gehörte die Wippe zum grundlegenden Repertoire der Spielplätze. Auf einem Stahlrohr waren meist je zwei Holzsitze befestigt; ein im Boden eingebauter Autoreifen sorgte für die nötige Pufferung. Die Wippe war wie die meisten Geräte keines, auf dem man allein spielte. Die Gemeinschaft, das Kollektiv, das Zusammensein war hier ein Kerngedanke. In diesem Sinne wurden oft mehrere Wippen nebeneinander eingebaut, um dem Ansturm gerecht zu werden. Ebenso zeugen die stets mit zwei oder mehreren Sitzen ausgestatteten Schaukeln sowie die Karussells vom Anspruch des Miteinander, des Wettstreits und der Kommunikation.
Ein stets wiederkehrendes Element war die halbrunde oder abgekantete Kletterbrücke, welche sowohl zum Klettern wie zum Hangeln geeignet war und an der auch kleinere Kindern den Auf- und Abstieg üben konnten. Mit der Möglichkeit des erhöhten Sitzens war die Kletterbrücke ein auch für mehrere Kinder gleichzeitig geeignetes Spielgerät – wie der Kletterpilz, der für die Spielplätze in der DDR fast zum Synonym geworden ist. Mit seiner prägnanten, durchaus eleganten Form und der Vielzahl von Funktionen hat er mit einigem Recht das Zeug zum Design-Klassiker dieser Jahre. Die nach unter verjüngten Ringe des Kletterpilzes konnten innen wie außen beklettert werden; das pilzförmige Dach schützte die Kinder vor Regen und Sonne. Die äußeren Stangen, zur statischen Stabilität des Gerüstes notwendig, konnten zugleich als Rutsch- oder Kletterstangen benutzt werden.
Der Kletterpilz war Teil der Alltagskultur in der DDR und besaß Qualitäten, die wir aufgrund seines allgegenwärtigen Vorkommens müde waren zu erkennen: Er war funktional, preiswert und zugleich überaus haltbar. Er besaß eine reduzierte, elegante und dabei auch „sprechende“ Form, deren Analogie zum Pilz gern durch einen Anstrich in Fliegenpilz-Optik gesteigert wurde. Leider konnten Urheber und Ursprung des Kletterpilzes bislang nicht nachgewiesen werden. Offenkundig ist er kein „Kind“ der DDR, wie Fotos des Landschaftsarchitekten Georg Pniower aus der Schweiz der 1950er belegen. Vielleicht ist er bis in die 1920er Jahre zurückzuverfolgen, als Stahlrohr-Elemente in reduzierten Formen in die moderne Gartengestaltung Einzug hielten. Geländer, Pergolen, Laubengänge, Rankgitter und eben Spielgeräte wurden im Zuge der neuen Sachlichkeit vermehrt aus einfachen Stahlrohr-Konstruktionen gefertigt. Auch hier spielte die Schweiz eine Vorreiterrolle.
Größere Klettergerüste fanden sich in vielfältigen Formen, wobei meist der rechte Winkel dominierte. Einige verraten mit ihren sportlichen Herausforderungen durchaus, dass man Ihnen eine Rolle bei der vormilitärischen Erziehung der Kinder und Jugendlichen beimaß. Andererseits lud ihre abstrahierte Form dazu ein, sie als Behausung oder Festung zu interpretieren und sie in Rollenspiele einzubeziehen. Gegenwärtig erleben die schlichten Stahlrohr-Gerüste in den Katalogen der Spielgeräte-Hersteller als Parkour- und Fitnessgeräte eine Renaissance.
Spielplätze waren in der DDR überwiegend uniform, Überraschungen selten. Die häufige Wiederkehr des immer Gleichen hatte mehrere Ursachen. So war es einerseits der vielzitierte ökonomische Mangel, welcher eine größere Vielfalt verhinderte. Andererseits waren Normung und Typisierung seit Ende der 1950er Jahre politisch gewollte Grundzüge der Stadtplanung in der DDR, um den massenhaften Bedarf zu befriedigen – aber auch, um der angestrebten Nivellierung gesellschaftlicher Unterschiede Ausdruck zu geben. Das Individuelle sollte hinter dem Gemeinschaftlichen zurücktreten, wenn nicht ganz verschwinden. Typenprojekte für ganze Spielplätze wurden entwickelt, die universell einsetzbar waren.

Besondere Lösungen

Und doch gab es hier und dort auch das Besondere. Wie konnte es entstehen? Die herausgehobene Stellung eines Projekts und damit staatlicher Wille, aber auch das persönliche Engagement einzelner Lokalpolitiker oder Planer konnte Individuelles an den Planzielen vorbei hervorbringen. Diese interessanten Beispiele sind nicht repräsentativ für die Breite, aber doch von besonderer Aussagekraft für die „Spiellandschaft“ der DDR.
Der Spielplatz im Tierpark Berlin-Friedrichsfelde etwa war Bestandteil eines besonderen Projekts von hoher politischer Bedeutung. Dem Westberliner Zoo setzte die DDR in der Frontstadt Berlin bereits in der ersten Hälfte der 1950er Jahre einen zweiten Zoologischen Garten entgegen. Der Tierpark Berlin-Friedrichsfelde wie auch sein Spielplatz zeugte zudem vom Einfallsreichtum seiner Gestalter, der Landschaftsarchitekten Eduard Köster und Editha Bendig, die dem Entwurf der Spielgeräte Tiermotive wie Saurier und Wal zugrunde legten. Mobile Schaukelwagen standen zur freien Nutzung zur Verfügung.
Von vergleichbarem Rang im Rahmen eines zentralen Projektes war der 1961 eröffnete und mehrfach ergänzte Spielplatz auf der iga (Internationalen Gartenbauausstellung) in Erfurt. Als Planungskollektiv war hier eine Gruppe von Landschaftsarchitekten an der Deutschen Bauakademie um Reinhold Lingner tätig. Der Spielbereich war mit dem Zitat von Raumfahrzeugen, der Verwendung von Plastik und Holz wie auch mit einem großen Wasserspielplatz in mehrfacher Hinsicht innovativ und von enormer Anziehungskraft für Familien und ihre Kinder.
Aus dem Anspruch, dem einheitlichen und kühlen Charme der landläufigen Spielplätze abseits der zentralen Projekte eine individuelle Note zu verleihen, entstand auch in manch alltäglicher Situation eine Sonderlösung. So sind seit den späten 1950er Jahren in einigen Städten bespielbare Plastiken aus Stahl oder Beton nachweisbar. Die Skulpturen, in welche die Künstler Rutschen oder Klettermöglichkeiten integrierten, standen zugleich für die Strömung einer „angewandten Kunst“ in der DDR wie auch für eine international zu verzeichnende Mode. In einigen Fällen, so in Leipzig und Dresden, sind „Rutschelefant“, Nilpferd und Saurier aus Beton bis heute erhalten geblieben. Der Dresdener Prototyp eines Beton-Elefanten stammt von den Künstlern Vinzenz Wanitschke, Johannes Peschel und Egmar Ponndorf von der Dresdener „Produktionsgenossenschaft ‚Kunst am Bau‘“. Er wurde auch im Palmengarten in Leipzig – wie in Dresden heute noch erhalten - sowie mehrfach in Neubrandenburg umgesetzt.
In Einzelfällen hat es auch bei den Stahlgeräten aufwändigere, fantasievolle Formen gegeben. So hat die Raumfahrt-Euphorie der 1960er Jahre nach den erfolgreichen Weltraum-Missionen der UdSSR zu mancher Sonderform auf den Spielplätzen geführt. Aus Leipzig wie auch aus Eisenhüttenstadt sind identische Gerüste in Form einer Weltkugel überliefert, deren Längen- und die Breitengrade bekletterbar waren. In Kromlau bei Bad Muskau haben sich bis heute Spielgeräte in Raketen-Form erhalten. Kreativität und Individualität in der Spielplatzgestaltung verraten zudem einige Rutschen. Die Rutschflächen bestanden nicht wie heute aus Edelstahl, sondern aus bunt gestrichenem Stahlblech oder aus Holz.
In der Fachdiskussion zum Spielplatzthema, das aufgrund der hohen Geburtenrate für die Landschaftsarchitekten in der DDR stets von großer Bedeutung war, taucht bereits in den 1950er Jahren die Idee von „Robinson-Spielplätzen“ auf. Hier sollten sich die Kinder mit bereitliegendem Baumaterial selbst verwirklichen können. In der Realität gab es die Abenteuerspielplätze wohl relativ selten, aus den Publikationen ist nur ein realisiertes Beispiel aus Hoyerswerda bekannt.

Spielanlagen, auch für Erwachsene

Zu den besonderen Spielangeboten im weiteren Sinne sind zudem die Parkeisenbahnen zu zählen, die aus der Tradition der Vergnügungsparks und Gartenausstellungen stammten und nun –durch die staatliche Pionierorganisation betreut – „Pioniereisenbahnen“ hießen. Die beliebten Kleinbahnen fuhren in mehreren Parks – so in Dresden, Leipzig, Halle und Magdeburg. Verantwortungsbewusstsein und Bahn-Leidenschaft, die Rekrutierung von Nachwuchs für die Deutsche Reichsbahn und organisierte Freizeitgestaltung im Kollektiv, nicht zuletzt aber auch das Vergnügen standen hier im Mittelpunkt.
Pioniereisenbahnen waren Bestandteile der „Kulturparks“, die ab 1951 nach sowjetischem Vorbild als neuer, sozialistischer Parktyp in der DDR etabliert werden sollten. Die Kulturparks sollten zahlreiche Kultur- und eben auch Spielmöglichkeiten enthalten. In bestehenden Anlagen wie dem Großen Garten in Dresden – für Neuanlagen fehlten meist die ökonomischen Grundlagen – wurden Einrichtungen wie eine Puppenbühne, die Pioniereisenbahn, ein Sport- und ein Spielplatz errichtet.
Der „Zentrale Kulturpark Clara Zetkin“ in Leipzig, in dem mehrere historische Parkanlagen aufgingen, erhielt neben einer Milchbar, einer Freilichtbühne und mehreren Sondergärten auch spezielle Einrichtungen für Kinder. Ein Hügel wurde zur Rodelbahn ausgebaut, der Fontänenteich erhielt (kurzzeitig) einen Spiel-Raddampfer, drei Spielplätze entstanden. Der größte von ihnen wurde ganztägig durch eine Erzieherin betreut, die Kinder konnten Spielgeräte und Bücher im zugehörigen Pavillon ausleihen.
Starke pädagogische Motive verraten auch die Verkehrserziehungsgärten, die seit den 1950er Jahren entstanden. Hier sollten die Kinder in Miniatur-Straßensituationen die Verkehrsregeln erlernen und mit ihren Rollern und Fahrrädern fahren können. Ein Interimsprojekt in Leipzig auf dem Gelände der Messe wurde alsbald durch eine große, eigens gebaute Anlage im Kulturpark Clara Zetkin abgelöst.
In den großen Städten wurden vereinzelt Rollschuh- und Spritzeisbahnen angelegt, so in Berlin im „Pionierpark Wuhlheide“. Im Erholungs- und Freizeitpark Lößnig-Dölitz in Leipzig entstand in den 1980er Jahren eine asphaltierte Bahn für den zu dieser Zeit aufkommenden Auto-Modellbau. Als in den 1970er Jahren Minigolf in Mode kam, entstanden mitunter aufwändig gestaltete Anlagen zur kostenlosen Nutzung – etwa im Leipziger „Zentrum für aktive Erholung“ im Clara-Zetkin-Park.
Im öffentlichen Freiraum wurden in der DDR zeitweise Sportarten und Spiele ausgeübt, die heute in Vergessenheit geraten sind. Neben dem Freiluftschach auf Bodenfeldern mit Großfiguren wurde auch an Tischen im Freien Schach gespielt. Das „Galgenkegeln“, bei dem die Kugel an einem Seil befestigt war, kann als Renaissance eines alten Freiluftspiels gesehen werden. In Fachpublikationen und Entwürfen für den öffentlichen Raum wurden ausgefallene Spiele wie Pendelball, Schuffleboard, Krocket, Gorodki , Clockgolf und Boccia genannt.
Auch für historische Parks und Gärten kamen derartige Spiele zur Sprache, wenn es um deren Nutzung ging. Hugo Namslauer, Landschaftsarchitekt im zentralen Institut für Denkmalpflege, befürwortete sportliche Betätigungen, die keine Veränderungen im Park nach sich zogen, wie Wandern, Laufen, Gymnastik und diverse Ballspiele; desweiteren Sportarten, die strapazierfähige Rasenflächen und kleine Hartplatzflächen benötigten. So hielt er Tischtennis, Volleyball und Federball im Einzelfall für möglich. Im ersten Entwurf zur Rekonstruktion des Güstrower Schlossgartens sahen Hugo Namslauer und Krista Gandert Spielmöglichkeiten wie Schach, Skat oder Brettspiele, Minigolf, Schuffleboard und Boccia vor. Der ebenfalls im Institut für Denkmalpflege tätige Landschaftsarchitekt Detlef Karg vertrat strikt den Grundsatz, jede Nutzung müsse „so erfolgen, daß die zu erhaltende Raumstruktur des Parkes nicht gemindert wird und der Charakter des Denkmales dadurch nicht verfälscht wird“. In diesem Sinne schlug er im Jahr 1976 die vorsichtige Integration von Spielmöglichkeiten im Rheinsberger Schlossgarten vor.
In den 1980er Jahren hielt – von wenigen früheren Ausnahmen abgesehen – erstmals Holz auf den Spielplätzen Einzug. Die Ausbildung an der Fachschule für angewandte Kunst in Schneeberg mit der Studienmöglichkeit Holzgestaltung zeitigte in kreativen Holzskulpturen und –spielgeräten öffentliche Wirkung. In Einzelfällen wie im Berliner Fennpfuhl, im Leipziger Auwald und im Friedenspark entstanden Holzspielplätze, deren Geräte und Skulpturen einem unpolitischen Thema (Märchen, Tiere) folgten und die aufgrund der Flexibiität der individuell entwickelten Geräte stärker miteinander kombiniert waren, als dies bei den Stahlgeräten möglich war. Im Berliner Friedrichshain entstand ein „Indianerdorf“ mit Tipis aus Holz, im thüringischen Schnepfenthal ein Spiel- und Turnplatz in Anlehnung an die Ideen von Turnvater Jahn.
Beinahe legendär wurde der (überwiegend aus Beton bestehende) Spielplatz im Berliner Monbijou-Park mit einem Kriechtunnel-System, als Volker Braun ihn als Schauplatz seines Hinze-Kunze-Romans in die Literaturgeschichte einschrieb. Auch der Sternen-Spielplatz im Berliner Ernst-Thälmann-Park (Entwurf Steffi Bluhm) machte über die Grenzen des Wohngebiets hinaus von sich reden. Auf der Freundschaftsinsel in Potsdam entstand ein bemerkenswerter Spielplatz, der maritime Elemente abstrahierte. Der Bildhauer Jo Jastram entwarf mit Bildhauerstudenten für die Spielplätze im Rostocker Zoo eine bekletterbare Beton-Schildkröte, die in Serie produziert wurde.
Doch waren diese Beispiele Sonderfälle. In der Agonie der 1980er Jahre waren derartige Hoffnungszeichen selten; es fehlte an Geld und Material für derartige Innovationen und stets waren andere Aufgaben (das Wohnungsbauprogramm, der Abfluss von Baukapazitäten nach Berlin) von höherer Bedeutung als das scheinbar nebensächliche Thema Spiel.

Ausblick

In diesem Sinne markiert die Friedliche Revolution von 1989/90 für das Spielen im öffentlichen Raum eine „Wende“. Seither sind für Spielplätze individuellere Lösungen möglich, die Bandbreite der von den Herstellern angebotenen Möglichkeiten ist groß. Zugleich haben sich die Motorisierung des Alltags und damit die Notwendigkeit, Kindern geplante Rückzugsorte zuzuweisen, deutlich verstärkt. Auch die wahren Freiräume zum Spielen sind weniger geworden, Brachen und ungestaltete Flächen verschwinden. Im Gegenzug ist die „verplante Kindheit“ im Vormarsch: Die Freizeit der Kinder ist zunehmend von vereinsgebundenen Aktivitäten und vorgegebenen Terminen geprägt. Immer weniger Zeit steht für das ungeplante, spontane Spielen im Freiraum zur Verfügung.
Die letzten Spielgeräten aus der DDR-Zeit, die im öffentlichen Raum wie auch in Kindereinrichtungen noch hin und wieder zu finden sind, ist durchaus ein Denkmalwert beizumessen. Sie sind Bestandteil der Alltagskultur dieser Ära und in der Lage, den erinnernden Erzählungen der Eltern und Großeltern greifbare Gestalt zu geben. Mitunter handelt es sich auch um achtbare Design-Objekte, die in ihrer reduzierten, funktionalistischen Ästhetik zur oft überbordenden Spielplatzgestaltung der Gegenwart eine Antithese bilden.